Endogene Depression

und andere Depressionsformen

Frau leidet unter endogener Depression

Wer an Depressionen leidet kennt die Leere, Niedergeschlagenheit und Antriebslosigkeit. Doch was sind die Ursachen der endogenen Depression? An welchen Symptomen erkennt man die Erkrankung und welche anderen Formen der Depression gibt es noch? Wir haben das Wichtigste zusammengefasst.

Lesedauer 10 Min.
Psychische Erkrankungen
Schwerpunkt Gesundheit
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Die endogene Depression ist eine veraltete Bezeichnung für das, was man gemeinhin als „klassische“ Depression versteht. Endogen bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die Ursachen der Depression im Inneren liegen, also körperlich bedingt sind. Es mag zwar äußerliche Auslöser geben, Hauptgrund der depressiven Stimmung sind jedoch nicht näher definierte körperliche Vorgänge. Salopp formuliert könnte man sagen: „Man ist einfach so“. Menschen sind eben unterschiedlich. Der eine ist groß, der andere klein, manche sind fröhlicher und einige sind eben depressiv.

Häufig findet man die Einteilung in Untertypen:

Typ

Beschreibung

Unipolar

Die Stimmung ist gedrückt, unterhalb des Bereiches der als normal angesehen wird. Die Stimmung kann phasenweise besser werden und ist dann weitgehend im Normalbereich. Depressive Phasen sind deutlich unterhalb der Norm.

Bipolar I

Depressive und manische Phasen wechseln sich ab. Während der manischen Phase ist die Stimmungslage übertrieben positiv, weit über dem was als normal gilt.

Bipolar II

Depressive und manische Phasen wechseln sich ab. Während der manischen Phase ist die Stimmungslage übertrieben positiv, aber deutlich unterhalb von Bipolar I

Symptome der endogenen Depression

Eine endogene Depression bemerkt man einerseits an den Symptomen, andererseits an typischen Verhaltensweisen. Drei Hauptsymptome müssen länger als 2 Wochen andauern:

  • gedrückte Stimmung
  • Freud- und Interessenslosigkeit
  • Antriebslosigkeit und rasche Ermüdung

Typische Verhaltensweisen wären etwa:

  • Änderung des Schlafverhaltens
  • ungepflegtes, vernachlässigtes Auftreten
  • negative Bemerkungen
  • ständiges Grübeln

Eine vollständige Liste mit Symptomen finden Sie hier.

Die Symptome einer Depression

Eine endogene Depression erkennen

Frau mit endogener Depression
Die endogene Depressionen ist eine veraltete Bezeichnung für die „klassische“ Depression.

Ein Grund für das schwierige Erkennen von endogenen Depressionen ist das Überspielen der tatsächlichen Gemütslage. Bei leichten und mittelschweren Depressionen wirken viele Betroffene im persönlichen Gespräch normal. Sie sprechen und verhalten sich weitgehend unauffällig und können sogar gesellig und lustig sein.

Gerade wenn der Kontakt in der Freizeit oder während gemeinsamer Feiern stattfindet sind viele Depressive gut in der Lage den inneren Gemütszustand zu verbergen. Die depressive Person ist also scheinbar nicht ständig schlecht gelaunt, traurig oder missmutig.

Selbst wenn die Stimmung gedrückt sein sollte, sind die meisten Menschen in der Lage, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen: Sie wissen wie man Smalltalk betreibt und können unterhaltsam sein – die tatsächliche Gefühlslage bleibt unter der Höflichkeit und Oberflächlichkeit verborgen.

Die Symptome der endogenen Depression sind nicht das Gegenteil von positiven Emotionen und Affekten, sondern vielmehr die Verflachung davon. Die Betroffenen wissen sehr gut, wie es ist, Spaß zu haben, sich zu freuen oder an Partys teilzunehmen. Sie wissen, wie sie sich dabei verhalten müssen, wie angenehme Gespräche führt, wie man flirtet oder was ein charmantes Auftreten ausmacht. Das Problem betrifft vielmehr das Gefühl, welches sie dabei haben. Sie leiden an der inneren Leere, welche sie dabei empfinden.

Schwere Depressionen sind einfacher zu erkennen. Die Lust- und Antriebslosigkeit ist so stark, dass sie kaum zu übersehen ist. Allerdings haben die Betroffenen dann kaum noch Kontakt zu Personen außerhalb ihrer engsten Familie. Freunde und Bekannte haben daher auch weniger Gelegenheiten die Symptome zu bemerken.

Wie lange dauert eine depressive Phase?

Die Dauer einer depressiven Phase hängt von verschiedenen Faktoren ab:

Als ungefährer Richtwert kann bei unbehandelten endogenen Depressionen von 4 bis 6 Monaten ausgegangen werden. Mit einer Behandlung stellt sich meistens innerhalb von 2 bis 6 Monaten eine Besserung ein.

Endogene Depressionen ansprechen

Ein gutes Gespräch kann mehr Einsicht in die Gefühlswelt bringen als die Analyse von Verhaltensweisen und Merkmalen einer Depression. Vielleicht sollten Sie nicht gleich nach einer Depression fragen. Viele depressive Menschen leiden zwar unter ihrer Krankheit, sie sind sich dessen womöglich aber noch nicht bewusst. Versuchen Sie bei einem entspannten Gespräch einfach mehr über die aktuelle Gefühlslage herauszufinden.

Wenn Sie sich Sorgen um einen Freund oder Angehörigen machen und sich nicht sicher sind, ob es sich um eine Depression handelt, sollte Sie einfach bei einer guten Gelegenheit darüber reden.

Da Sie sich gerade über das Erkennen von Depressionen informieren, dürfte Ihnen eine betroffene Person am Herzen liegen. Häufig ist das auch ein Zeichen dafür, dass eine solide Gesprächsbasis vorhanden ist. Wenn Sie also denken, dass Ihr persönliches Verhältnis zueinander auch ein Gespräch über das persönliche Befinden zulässt, sollten Sie einfach danach fragen. Falls Sie während des Gesprächs eine eher gedrückte, negative Gefühlslage feststellen können Sie auch nach Dauer und Grund dafür fragen. Depressionen werden häufig als „grundlos“ beschrieben.

Jeder war schon einmal niedergeschlagen oder antriebslos. Zumeist sind diese Phasen aber zeitlich begrenzt und haben oft einen Grund: Stress in der Arbeit, Streit in der Familie, ein Trauerfall oder Ähnliches. Depressive können häufig keinen genauen Grund benennen.

Es kann auch vorkommen, dass es einen durchaus verständlichen Auslöser gegeben hat, etwa einen Todesfall in der Familie oder ein Ereignis, welches das Leben aus den gewohnten Bahnen geworfen hat. Hier kommt es vor allem auf die Dauer der depressiven Verstimmung an. Passt der Auslöser in etwa zu der Dauer? War der Todesfall etwa erst vor ein paar Wochen ist eine Trauerphase völlig normal. Sind seitdem jedoch schon Monate oder Jahre vergangen, wird die depressive Verstimmung vermutlich nicht von alleine verschwinden.

Viele Depressive haben sich Bewältigungsstrategien zugelegt. Sie haben gelernt, im Alltag trotz der Verstimmung zu „funktionieren“ und verbergen dadurch teilweise ihre tatsächliche Gefühlslage. Das kann dazu führen, dass eine depressive Stimmung als „normal“ angesehen wird. Häufig hört man – auch von den Betroffenen selber – dann etwa Sätze wie „die Person war schon immer so“ oder „man hat eben ein trauriges Gemüt“. Hier muss Bewusstsein geschaffen werden, dass es nicht normal ist, sich schlecht zu fühlen. Entscheidend ist das subjektive Leid: Wenn es jemandem schlecht geht ist Hilfe notwendig.

Andere Formen der Depression

Depressionen treten in bestimmten Typen und Verlaufsformen auf. Die Symptome sind oft ähnlich, die Ursachen können jedoch sehr unterschiedlich sein.

In medizinischen Fachkreisen werden verschiedene Typen von Depressionen nach zwei internationalen Standards klassifiziert: Dem ICD-11 (International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems) oder dem DSM-5 (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders).

Angelehnt an diese Einteilungen finden Sie hier eine kurze Beschreibung der wichtigsten Depressionsformen.

Die Klassifizierung der unterschiedlichen Depressionstypen haben sich im Laufe der Zeit geändert. Die klinischen Richtlinien werden regelmäßig aktualisiert und überarbeitet. Da kann es passieren, dass bestimmte Begriffe nicht mehr verwendet werden bzw. als veraltet gelten. Da manche Betroffenen Ihre Diagnosen jedoch bereits vor vielen Jahren erhalten haben und sich viele der Begriffe nach wie vor in der Fachliteratur finden scheint es sinnvoll, diese kurz zu erklären.

Vergessen Sie nicht, dass eine genaue Diagnose nur von einem Facharzt oder klinischen Psychologen gestellt werden sollte. Der folgende Überblick soll Ihnen helfen, die Krankheit ein wenig besser kennen zu lernen.

Psychogene Depression

Die psychogene Depression stellt das Gegenstück der endogenen Depression dar. Die Auslöser sind in der Regel gut erkennbar und im psychischen Bereich zu suchen. Beispiele wären etwa Krisen, Todesfälle oder andere psychische Erkrankungen. Zu den psychogenen Depressionen zählen:

Typ

Beschreibung

Reaktive Depression

Sie entstehen als Reaktion auf belastende Ereignisse. Der Tod eines nahen Angehörigen, selbstverschuldete Unfälle, Trennung oder die Diagnose einer schweren Krankheit können Auslöser einer reaktiven Depression sein. Da solche Erfahrungen relativ häufig vorkommen machen reaktive Depressionen einen großen Teil der diagnostizierten Depressionen aus.

Neurotische Depression

Es wird eine Störung des Erlebens angenommen. Die Betroffenen bewerten auf Grund früher gemachter Erfahrungen bestimmte Ereignisse in ihrem Leben anders. Ursache einer neurotischen Depression können etwa traumatische Erlebnisse in der Kindheit, Beziehungsprobleme oder ein Seitensprung des Partners sein.

Depressive Entwicklung

Kennzeichen ist eine langsame Entwicklung während dauerhafter Belastungszustände. Sie entstehen durch anhaltende emotionale Belastungen, wie beispielsweise dem Pflegen eines Angehörigen, familiäre Schwierigkeiten oder chronische Schmerzen. Ursache sind nicht die körperlichen Symptome der Belastung sondern der damit verbundene emotionale Druck. Häufig wird auch von Erschöpfungsdepressionen gesprochen - irgendwann sind „die Batterien leer“, Resignation und Hoffnungslosigkeit stellt sich ein.

Somatogene Depression

Somatogene Depressionen haben ihren Ursprung in körperlichen Erkrankungen oder sind direkte Folge einer Substanz. Die Krankheiten können verschiedene Bereiche des Körpers betreffen, und wirken auf die Stimmungslage. Beispiele sind etwa Demenz, Schilddrüsenstörungen oder bestimmte Krebserkrankungen. Dazu kommen Störungen des Affekts durch Substanzmissbrauch oder Medikamente. Typisch wären etwa Suchtmittel, aber auch Medikamente gegen Bluthochdruck, Neuroleptika oder Zytostatika können depressive Verstimmungen auslösen.

Depression in besonderen Lebenslagen

In manchen Phasen des Lebens ist man für Gemütsschwankungen besonders anfällig. Je nach Ursache haben sich verschiedene Bezeichnungen für die Depressionen etabliert:

Typ

Beschreibung

Klimakterische Entwicklung

Während der Wechseljahre kann es aufgrund der hormonellen Umstellungen und Änderungen im Lebenswandel vermehrt zu Depressionen kommen.

Wochenbettdepression

Kurz nach der Geburt eines Kindes kann es bei Müttern zur sogenannten Wochenbettdepression kommen. Auslöser sind die körperlichen und hormonellen Änderungen im Körper, aber auch Überforderung und die plötzliche Änderung der Lebensführung.

Altersdepression

Ab etwa dem 65. Lebensjahr steigt die Wahrscheinlichkeit einer Altersdepression. Die Gründe sind vielfältig:

  • Eine Zunahme an körperlichen Gebrechen
  • der Wechsel vom Berufsleben in die Pension
  • der Verlust des Partners oder enger Freunde
  • nachlassende Leistungsfähigkeit
  • weniger soziale Kontakte, Vereinsamung
  • Abhängigkeit von Pflege und Fürsorge

Häufig werden depressive Symptome bei älteren Menschen nicht richtig gedeutet. Freud- und Lustlosigkeit wird fallweise als „Folge des Alters“ bagatellisiert oder als Symptom des geistigen Abbaus interpretiert.

Unabhängig von der jeweiligen Form der Depression ist eine Behandlung dringend empfohlen!

  • Manfred Wolfersdorf, Springer Verlag: Depressionen verstehen und bewältigen
Redaktionelle Bearbeitung: Benjamin Slezak
Erste Veröffentlichung:
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