Wenn das Kind gemobbt wird

Wie Eltern auf Mobbing reagieren können

Ein Kind ist Opfer von Mobbing

Mobbing verändert Familien. Eltern geraten in Sorge, Geschwister in Konflikte, der Alltag verliert Leichtigkeit. Dieser Artikel zeigt, wie Familien Belastungen erkennen, ansprechen und gemeinsam Wege zur Stabilität finden.

Lesedauer 7 Min.
Psychische Belastungen
Thema: Schule
Dieser Fachartikel wurde von einem Experten geprüft.
Letzte Aktualisierung:

Mobbing endet nicht an der Schultür. Wenn Kinder oder Jugendliche betroffen sind, beeinflusst das auch ihr Zuhause. Die emotionale Dauerbelastung greift in Kommunikation, Erziehung und Beziehungen ein. Mobbing belastet also nicht nur das Kind, sondern die gesamte Familie. Je nach Rolle wird unterschiedlich reagiert: Während betroffene Kinder eher zum Rückzug neigen, versuchen es Eltern häufig mit Überfürsorglichkeit oder Aktionismus.

Gerade die Familie ist eine wichtige Unterstützung beim Durchbrechen von Mobbing. Zwar kann ein gutes Familienleben Mobbing nicht verhindern, doch je klarer Eltern und Kinder ihre Rollen verstehen, desto größer ist die Chance, dass das Zuhause ein Ort des Rückhalts bleibt.

Reaktionen der Eltern

Hilflosigkeit ist keine Schwäche – sie ist ein Signal.

Eltern reagieren sehr unterschiedlich, wenn sie erfahren, dass ihr Kind gemobbt wird. Viele schwanken zwischen Wut, Angst, Schuld und Verdrängung. Manche suchen sofort nach Lösungen, andere weichen dem Thema aus und hoffen, dass es sich von allein löst. Beide Reaktionen sind verständlich, aber nicht immer hilfreich. Kinder brauchen in dieser Situation keine perfekten Eltern, sondern eine ruhige, vertrauensvolle Ansprechperson.

Versuchen Sie, Ihre erste Reaktion bewusst zu steuern: zuhören, ruhig bleiben und Sicherheit vermitteln. Worte wie „Ich glaube dir“ wirken stärker als jedes vorschnell überlegte Lösungskonzept. Vermeiden Sie Alleingänge, etwa überstürzte Gespräche mit Tätereltern oder öffentliche Konfrontationen. Solche Aktionen verschärfen die Situation meist und gefährden die Vertrauensbasis zwischen Schule und Familie.

Was jetzt wichtig ist:

  • Ruhe bewahren, zuhören und erst dann handeln
  • Informationen sammeln und dokumentieren
  • Kontakt zur Schule suchen, nicht zur Gegenseite
  • Gemeinsam mit dem Kind Schutzstrategien besprechen

Auch Eltern dürfen und sollen Hilfe annehmen. Beratungsstellen oder therapeutische Begleitung können entlasten und verhindern, dass Mobbing das Familienleben dominiert. Eltern, die sich Unterstützung holen, zeigen ihrem Kind, dass man Krisen nicht allein bewältigen muss.

Machen Sie sich bewusst, dass es auch als Elternteil in Ordnung ist, Fehler zu machen. Sie müssen in dieser Situation nicht perfekt sein. Vermeiden Sie jedoch, das Problem zu bagatellisieren oder zu ignorieren.

Geschwister und Familienklima

Mobbing verändert auch die Dynamik innerhalb der Familie. Geschwister erleben, dass das betroffene Kind mehr Aufmerksamkeit erhält, was zu Eifersucht oder Trotz führen kann. Aus diesem Grund entstehen leicht neue Spannungen: Ein Kind kämpft, das andere schweigt und beide fühlen sich überfordert.

Wichtig ist, dass Mobbing nicht zum dauerhaften Hauptthema wird. Sprechen Sie offen über Gefühle, auch über unangenehme. Kinder dürfen sagen, dass sie wütend, neidisch oder traurig sind. Diese Ehrlichkeit beugt verdeckten Konflikten vor und entschärft die Situation.

Versuchen Sie, kleine Rituale beizubehalten. Gewohnte Alltagsroutinen vermitteln Sicherheit und Normalität – gemeinsame Mahlzeiten, Spieleabende oder Zeit im Freien sind einfache, aber wirksame Möglichkeiten. Achten Sie darauf, dass Geschwister nicht zu Helfern oder „Mittherapeuten“ werden. Jedes Kind, betroffen oder nicht, braucht eigene Räume, elterliche Zuwendung und das Gefühl von Normalität.

Kommunikation und Unterstützung

Kinder sprechen nur dann offen über ihre Probleme, wenn sie sich ernst genommen fühlen. Eltern sollten aufmerksam zuhören und Bewertungen oder Schuldzuweisungen vermeiden. Denken Sie gemeinsam mit dem Kind über Handlungsoptionen nach, statt vorschnell Ratschläge zu geben. So lernen Kinder, dass ihre Perspektive zählt und sie mitbestimmen dürfen. Sinnvoll sind kurze, regelmäßige Gespräche, etwa am Abend oder nach der Schule. Kleine, wiederkehrende Gespräche vermitteln Interesse, fördern Vertrauen und vermeiden Überforderung.

Versuchen Sie:

  • Aktiv zuzuhören: Blickkontakt halten, nicht unterbrechen
  • Gefühle benennen und nachfragen („Du bist traurig, weil …“)
  • Positive Erlebnisse bewusst hervorheben
  • Bagatellisierungen vermeiden („Das wird schon wieder“)

Unterstützungsnetz und Hilfe

Familien müssen Mobbing nicht allein bewältigen. Frühzeitige externe Unterstützung ist fast immer sinnvoll. Angebote wie Schulpsychologie, Beratungsstellen, Vertrauenslehrer oder Familienzentren können wertvolle Hilfe leisten. Fachpersonen schaffen professionelle Distanz, bringen neue Perspektiven ein und entlasten das Familiensystem.

Ratsam ist eine enge Kooperation zwischen Elternhaus und Schule. Vermeiden Sie Schuldzuweisungen und arbeiten Sie gemeinsam am Problem Mobbing.

Eltern wollen helfen und die Situation schnell lösen. Achten Sie dabei auch auf Ihre eigenen Grenzen: Wer selbst erschöpft ist, kann nicht dauerhaft stützen. Nur wenn es Ihnen gut geht, können Sie auch für Ihr Kind eine Hilfe sein.

Sinnvoll ist:

  • Schulsozialarbeit oder Beratungslehrkraft kontaktieren
  • Familien- oder Erziehungsberatung aufsuchen
  • Selbsthilfegruppen nutzen
  • Therapeutische Unterstützung bei anhaltender Belastung

Hilfe zu suchen ist kein Zeichen von Schwäche, sondern Ausdruck von Verantwortung. Eltern, die sich begleiten lassen, zeigen ihrem Kind: Probleme dürfen ausgesprochen werden und es gibt Unterstützung bei der Lösung.

Langfristig kann Mobbing Familien verändern. Kinder müssen das Erlebte verarbeiten und Sie haben dabei eine wichtige Vorbildfunktion. Kinder lernen am Verhalten der Eltern, wie man mit Stress und Belastung umgeht. Gelassenheit, Humor und gegenseitige Unterstützung wirken nachhaltiger als jede pädagogische Maßnahme.

Versuchen Sie, Fortschritte bewusst wahrzunehmen und kleine Erfolge zu feiern.

Häufig gestellte Fragen

Wie reagieren Eltern richtig, wenn ihr Kind gemobbt wird?

Zuerst zuhören, Ruhe bewahren und dem Kind Glauben schenken. Eltern sollten keine vorschnellen Schuldzuweisungen treffen und keinen überstürzten Kontakt zu den Tätern aufnehmen. Das Gespräch mit der Schule ist der erste Schritt. Wichtig ist, Sicherheit zu vermitteln: „Du bist nicht schuld, und du bist nicht allein.

Wann sollten Eltern professionelle Hilfe suchen?

Wenn das Kind über längere Zeit traurig, ängstlich oder erschöpft wirkt, ist externe Unterstützung sinnvoll. Beratungsstellen, Schulpsychologie oder Therapie können entlasten. Auch Eltern dürfen sich Hilfe holen, wenn die Situation sie überfordert.

Wie können Geschwister unterstützt werden?

Geschwister brauchen Aufmerksamkeit und Normalität. Eltern sollten sie in Gespräche einbeziehen, aber nicht zu Helfern machen. Gemeinsame Familienzeit ohne das Thema Mobbing stärkt den Zusammenhalt und entlastet alle Kinder gleichermaßen.

Was tun, wenn die Schule nicht reagiert?

Bleibt schulische Unterstützung aus, können Eltern sich an Schulaufsicht, Beratungsstellen oder Elternvertretungen wenden. Wichtig ist, Vorfälle zu dokumentieren und beharrlich, aber sachlich zu bleiben. Niemand darf mit Mobbing allein gelassen werden.

Redaktionelle Bearbeitung: Benjamin Slezak
Erste Veröffentlichung: