Psychotherapie-Kostenübernahme in Deutschland

Frau benötigt eine Psychotherapie Kostenübernahme

Psychotherapie kann kostspielig sein. Zum Glück werden viele Angebote von den Krankenkassen finanziert. Wir erklären, worauf Sie achten sollten.

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Schwerpunkt Behandlung
Schwerpunkt Gesundheit
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Für die Kostenübernahme der Psychotherapie durch eine Krankenkasse sind in der Regel zwei Dinge entscheidend:

  • Eine psychische Störung mit Krankheitswert.
    Dazu zählen etwa Depressionen, Suchterkrankungen, Zwangsstörungen, etc ...
    Anlässe ohne Krankheitswert wären beispielsweise Erziehungs- oder Eheberatung.
  • Ein approbierter Psychotherapeut mit Kassenvertrag.
    Ein bestehender Kassenvertrag Ihres Therapeuten ist Vorraussetzung für eine Kostenübernahme. Die dort angewendeten Therapiemethoden werden von den Krankenkassen als wirksam erachtet und dementsprechend erstattet.

Sie sollten gleich zu Beginn abklären, ob die Möglichkeit einer Kostenübernahme besteht. Unterschreiben Sie keinen Therapievertrag, solange Sie nicht vollständig über die Kosten bzw. eine mögliche Übernahme durch die Krankenkasse informiert wurden. Achten Sie daher bereits bei der Therapeutensuche auf die entsprechende Zulassung.

Kostenübernahme Psychotherapie: Der genaue Ablauf

Zunächst wird Ihr Therapeut in einem ersten Gespräch abklären, ob Sie eine Psychotherapie benötigen. Nun folgen etwa 2–4 probatorische Gespräche. Diese dienen dem gegenseitigen Kennenlernen und werden von der Krankenkasse bezahlt.

Entscheiden Sie sich danach zu einer Therapie, muss ein Antrag zur Kostenübernahme gestellt werden. Das dazu notwendige Formular erhalten Sie bei Ihrem Therapeuten, der Ihnen üblicherweise auch beim Ausfüllen helfen kann.

Sobald die Krankenkasse Ihr Ansuchen auf Kostenübernahme bewilligt, ist die Finanzierung gesichert – Ihnen entstehen keine Kosten.

Womöglich wird Ihr Antrag abgelehnt. In diesem Fall haben Sie die Möglichkeit Einspruch einzulegen. Ist auch dieser nicht erfolgreich, bleibt als letzte Möglichkeit nur noch der Gang zum Sozialgericht.

Bei der Bewertung Ihres Falles zieht die Krankenkasse einen psychotherapeutischen Gutachter zu Rate. Ihre persönlichen Daten, Ihre Krankengeschichte und Beschwerden bleiben also vertraulich. Der Bericht ist anonymisiert und lässt keine Rückschlüsse auf den Antragsteller zu.

Dauer der Kostenübernahme einer Psychotherapie

Verschiedene Therapieformen werden unterschiedlich finanziert. Man unterscheidet:

Art

Finanzierung

Psychotherapeutische Sprechstunde

2–6 Einheiten à 25 Minuten. Die Kosten werden übernommen, ein Antrag ist nicht notwendig.

Akutbehandlung

Bis zu 24 Einheiten à 25 Minuten. Es enstehen Ihnen keine Kosten, ein Antrag ist nicht notwendig. Folgt der Akutbehandlung eine Kurz- oder Langzeittherapie werden die bereits verwendeten Stunden vom Kontingent abgezogen.

Probatorische Sitzungen

2–4 Einheiten à 50 Minuten. Die Kosten werden übernommen, ein Antrag ist nicht notwendig.

Kurzzeittherapie

Bis zu 24 Stunden. Die Kurzzeittherapie muss zunächst für 12 Stunden beantragt werden und kann dann um weitere 12 Stunden verlängert werden.

Langzeittherapie und Verlängerung

Ein Antrag zur Kostenübernahme ist notwendig. Sobald dieser bestätigt wurde, werden die Kosten übernommen. Die Dauer richtet sich nach Art der psychotherapeutischen Methode, Setting und Zielgruppe.

Kostenübernahme einer Langzeittherapie

Im Rahmen der Abklärung wird auch festgelegt, welche Therapiemethoden angewendet werden. Die Dauer Ihrer Therapie hängt dabei von der Therapierichtung, dem Setting oder Ihrem Alter ab. Die Kostenübernahme berücksichtigt dies:

 

analytische Psychotherapie
(Einzel/Gruppe)

tiefenpsychologische Therapie
(Einzel/Gruppe)

Verhaltenstherapie
(Einzel/Gruppe)

Erwachsene

160/80

60

60

Kinder

70/60

70/60

60

Jugendliche

90/60

90/60

60

Die von der Krankenkasse bewilligten Stunden müssen nicht unbedingt zur Gänze verwendet werden.

Verlängerung der Kostenübernahme

Sollten die zunächst bewilligten Therapiestunden nicht ausreichen, ist eine Verlängerung möglich. Dafür ist ein erneuter, begründeter Antrag notwendig. Die Entscheidung zu einer Verlängerung wird üblicherweise gemeinsam mit dem Therapeuten getroffen, dieser kann Ihnen auch bei der Beantragung helfen.

Die maximal möglichen Stunden können Sie folgender Tabelle entnehmen:

 

analytische Psychotherapie
(Einzel/Gruppe)

tiefenpsychologische Therapie
(Einzel/Gruppe)

Verhaltenstherapie
(Einzel/Gruppe)

Erwachsene

300/150

100/80

80

Kinder

150/90

150/90

80

Jugendliche

180/90

180/90

80

Kostenerstattung einer Psychotherapie

Manchmal sind kassenfinanzierte Therapieplätze schwer zu finden: Wenn es in Ihrer Region zu wenig Psychotherapeuten mit Kassenzulassung gibt sind monatelange Wartezeiten möglich. Was ist in solchen Fällen zu tun?

  • Begeben Sie sich zunächst selber auf die Suche nach einem approbierten Psychotherapeuten mit Kassenzulassung.
  • Dokumentieren Sie alle Schritte Ihrer (erfolglosen) Suche, um diese später nachweisen zu können. Dazu zählen etwa die von Ihnen kontaktieren Therapeuten, das Datum, deren angebotene Wartezeiten und Gründe für Absagen.
  • Wenden Sie sich an eine der Terminservicestellen der Kassenärztlichen Vereinigungen. Diese müssen Ihnen innerhalb von 2 Wochen einen Platz für eine Akutbehandlung zuweisen.
  • Kann die Terminservicestelle keinen Platz zuweisen, muss Sie versuchen eine entsprechende Krankenhausambulanz zu finden.
  • Bewahren Sie auch die Korrespondenz mit der Terminservicestelle auf. Dies kann später helfen, einen Anspruch auf Kostenerstattung durchzusetzen.
  • Teilen Sie der Krankenkassen Ihre Schwierigkeiten bei der Therapeutensuche mit. Als Beleg für Ihre Bemühungen können Sie die Dokumentation Ihrer vergeblichen Suche anhängen.
    Bitten Sie in dem Schreiben um die Zuweisung eines kassenfinanzierten Therapieplatzes innerhalb einer angemessenen Frist.
  • Nun können Sie eine psychotherapeutische Sprechstunde bei einem approbierten Psychotherapeuten ohne Kassenzulassung aufsuchen. Diese ist Voraussetzung für eine spätere Kostenübernahme. Nutzen Sie auch gleich die Möglichkeit und besprechen Sie offene Fragen im Rahmen der Sprechstunde.

    Der Therapeut kann eine Verdachtsdiagnose stellen und eine Therapieempfehlung abgeben. Beachten Sie, dass der Psychotherapeut qualifiziert bzw. approbiert sein muss und dementsprechend mit einer anerkannten Methode arbeitet.
  • Für eine spätere Kostenerstattung kann es sinnvoll sein, das entsprechende Formular PTV-11, mit der darin vermerkten Verdachtsdiagnose bzw. Therapieempfehlung vom Therapeuten mitzunehmen.
  • Wenn Sie die Therapie bei dem von Ihnen gefundenen Psychotherapeuten beginnen möchten, stellen Sie nun einen Antrag auf Kostenerstattung nach § 13 Absatz 3 SGB V. Der Antrag muss von Ihnen persönlich, noch vor Therapiebeginn gestellt werden.
  • Beginnen Sie die Therapie erst nach Zusage der Finanzierung.

Der Weg zu einer Kostenerstattung kann mühsam sein. Sie sollten Ihn nur als Notlösung betrachten. Nur, wenn im Rahmen der allgemeinen Gesundheitsversorgung keine adäquate Hilfe möglich ist, sollte an eine Kostenerstattung gedacht werden. In diesem Sinne wird auch von Fall zu Fall entschieden: Die wichtigsten Kriterien sind die Dringlichkeit einer Behandlung und die Unzumutbarkeit eines Kassenplatzes.

Wenn die Behandlung bei einem Therapeuten mit Kassenvertrag möglich ist, sollte Sie diese auch wahrnehmen.

Private Zusatzversicherung bei Psychotherapie

Viele private Zusatzversicherung decken psychischen Probleme ab. Welche Behandlung dann tatsächlich finanziert wird, hängt von Ihrer individuellen Leistungsvereinbarung ab. In der Regel werden jedoch nur Verfahren, welche den Richtlinien der anerkannten Psychotherapie folgen, übernommen.

Sie sollten sich daher noch vor Therapiebeginn über die Möglichkeit einer Kostenübernahme informieren und sich diese auch schriftlich von Ihrer Versicherung bestätigen lassen.

Bedenken Sie auch, dass in der Regel die private Zusatzversicherung nicht unmittelbar vor einer Therapie abgeschlossen werden kann. Einige Versicherer möchten über bestehende psychische Diagnosen informiert werden und lehnen eine Zusatzversicherung dann womöglich ab.

Redaktionelle Bearbeitung: Benjamin Slezak
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