Pflege bei Demenz

Tipps für die Pflege von Demenzkranken

Demenzkranke Frau wird gepflegt

Die Pflege von Demenzkranken stellt eine Herausforderung dar, die nicht unterschätzt werden sollte. Häufig wird sie zunächst von Angehörigen übernommen, die sich im Laufe der Zeit zunehmend überfordert fühlen. Dann ist so gut wie immer professionelle Hilfe notwendig.

Lesedauer 12 Min
Schwerpunkt Gesundheit
Psychische Erkrankungen
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Als pflegender Angehöriger eines Demenzkranken übernimmt man eine große Verantwortung. Die Aufgaben und Belastungen wachsen mit der Zeit: Je weiter die Demenz fortschreitet, desto mühsamer und herausfordernder wird auch die Pflege.

Die wichtigste Grundregel für pflegende Angehörige lautet: Achten Sie auf Ihre eigene Gesundheit. Nur wer sich gut und tatkräftig fühlt, kann anderen eine Hilfe sein.

Gerade im fortgeschrittenen Stadium ist die Betreuung kaum alleine zu bewältigen. Informieren Sie sich rechtzeitig, von wem Sie Hilfe bekommen können und zögern Sie nicht, diese auch in Anspruch zu nehmen. Überschätzen Sie nicht Ihre Kraft und Ausdauer und fragen Sie nach Unterstützung, wenn Sie an Ihre Grenzen stoßen. Denken Sie dabei auch an professionelle Pflegeangebote und eine 24-Stunden Betreuung.

Körperpflege bei Demenz

Körperpflege ist nicht nur aus gesundheitlichen und hygienischen Gründen wichtig, sie ist auch ein Beitrag zu psychischem Wohlbefinden und trägt zum sozialen Kontakt bei.

  • Sorgen Sie für eine regelmäßige und vollständige Körperhygiene (Haare, Nägel, Haut, Zähne, usw…).
  • Die Körperpflege ist eine gute Gelegenheit, um auf Hautveränderungen (z.B. Rötungen) zu achten. Bei auffälligen Hautveränderungen sollte ein Arzt kontaktiert werden.
  • Auch Behelfsmittel wie Zahnprothesen oder Brillen müssen gesäubert und – wenn notwendig – erneuert werden.
  • Körperpflege kann etwas Schönes sein. Sie können etwa manchmal ein besonders wohlriechendes Pflegemittel verwenden. Auch ein angenehm weiches Handtuch oder ein „zelebrieren“ der Körperpflege kann zum Wohlbefinden beitragen.
  • Denken Sie auch an die Möglichkeit einer mobilen Fußpflege oder eines Friseurs. Dies ist insbesondere sinnvoll, wenn die eigene Anreise zu schwierig oder nicht möglich ist.
  • Körperpflege ist auch ein Akt der Selbstständigkeit und Selbstbestimmung. Daher sollten Sie die selbstständige Körperhygiene so weit wie möglich unterstützen. Versuchen Sie, sie vom Patienten so lange wie möglich selbst ausführen zu lassen – auch wenn dafür mehr Zeit und Hilfe notwendig wird.
  • Montieren Sie rutschfeste Matten und Haltegriffe im Sanitärbereich. Eine Dusche verringert das Unfallrisiko, etwa wenn das Aufstehen aus der Badewanne nicht mehr möglich ist. Auch Duschhocker oder ein Klappsitz kann die Körperpflege erleichtern.
  • Achten Sie beim Duschen oder Baden unbedingt auf eine angenehme Wassertemperatur und kontrollieren Sie diese jedes Mal. Auch der Wasserboiler sollte nicht zu heiß eingestellt sein – das vermeidet Verbrennungen, falls der Patient das Wasser unbeaufsichtigt aufdreht.
  • Wenn die Pflege des Intimbereichs auf Widerstand stößt, kann ein eigener Pflegedienst sinnvoll sein. Manche Patienten empfinden bei professionellen Pflegern weniger Scham. Respektieren Sie das Schamgefühl Ihres Angehörigen.

Kleidung für Demenzkranke

Auch die Auswahl passender Kleidung trägt zum Wohlbefinden bei und sollte nicht vernachlässigt werden. Ein gepflegtes Auftreten unterstützt das Selbstwertgefühl der Patienten und steigert die Lebensqualität.

  • Bequeme Kleidung erleichtert die Mobilität. Klettverschlüsse, Druckknöpfe und andere praktische Kleidung erleichtern das Anlegen.
  • Kleidung soll auch schön sein. Abwechslungsreiche und attraktive Kleidung kann die Stimmung heben und unterstützt das Wohlbefinden. Allerdings ist das selbstständige Anlegen wichtiger als der perfekte Sitz.
  • Helfen Sie beim Anziehen nur, wenn dies auch notwendig ist. Das unterstützt die Selbstständigkeit und hilft das Gefühl von Hilflosigkeit zu vermindern. Die Hilfe kann auch auf spielerische Art und Weise erfolgen.
  • Schuhe sollten bequem und rutschfest sein.
  • Legen Sie die Kleidungsstücke in der richtigen Reihenfolge auf, um das selbstständige Anlegen zu erleichtern.
  • Manche Demenzkranke möchten immer dasselbe anziehen. In diesem Fall sollten die Kleidungsstücke während der Nacht gewaschen werden oder gegen ähnliche getauscht werden.
  • Die Kleidung sollte dem Tagesverlauf angepasst sein. Vermeiden Sie beispielsweise das ständige Tragen von Nachtgewand.
  • Achten Sie auf warme Kleidung im Winter und kühle Kleidung im Sommer. Kontrollieren Sie auch, ob die Kleidung durch Schweiß feucht geworden ist und unter Umständen gewechselt werden muss.

Ernährung bei Demenz

Eine ausgewogene Ernährung ist – wenig überraschend – die Grundlage für Gesundheit und Wohlbefinden. Da Demenzkranke ihre Bedürfnisse nicht mehr klar kommunizieren können, ist hier besondere Aufmerksamkeit notwendig.

  • Eine Mikrowelle kann das eigenständige Zubereiten von Mahlzeiten erleichtern.
  • Demenzkranke essen häufig zu viel oder zu wenig. Kontrollieren Sie die Menge aller Mahlzeiten und sorgen Sie für eine ausreichende Flüssigkeitsaufnahme.
  • Achten Sie auf eine ausgewogene Balance von Nährstoffen. Denken Sie an genügend Ballaststoffe, Obst und Gemüse. Fragen Sie im Zweifelsfall bei Ihrem Arzt nach.
  • Kontrollieren Sie regelmäßig das Körpergewicht.
  • Obst bietet sich als Snack oder Zwischenmahlzeit an.
  • Das Essen sollte nicht zu heiß sein. Bei fortgeschrittener Demenz kann es sonst leicht zu Verbrennungen kommen.
  • Sorgen Sie für ausreichendes Trinken: Mindestens 1,5 Liter Wasser sollte zu sich genommen werden. Bedenken Sie auch erhöhten Flüssigkeitsbedarf, etwa im Sommer oder bei Fieber.
  • Selbstständiges Essen ist wichtig. So können etwa kleingeschnittene Speisen selbstständig zu sich genommen werden. Das Füttern des Patienten sollte so lange wie möglich hinausgezögert werden.
  • Essen kann Freude bereiten und sollte schmecken. Bei mangelndem Appetit können liebevoll dekorierte Speisen helfen.
  • Das Essen sollte zu ähnlichen Zeiten und in gewohnter Umgebung erfolgen.
  • Das Angebot an Speisen sollte überschaubar bleiben. Die Auswahl von mehreren Speisen (etwa bei Buffets im Restaurant) kann schwierig sein.
  • Wenn der Patient noch selbstständig einkaufen geht, achten Sie auf eine ausbalancierte Einkaufsliste. Kontrollieren Sie auch regelmäßig den Kühlschrank und entfernen Sie verdorbene Lebensmittel.
  • Im fortgeschrittenen Stadium kann das Schlucken gestört sein. Besondere Gefahr geht vom Verschlucken aus. Bei Schluckstörungen ist daher professionelle Beratung notwendig. Womöglich muss die Ernährung auf flüssige Nahrung umgestellt werden. Fragen Sie dazu Ihren Arzt um Hilfe.

Ausscheidungen

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Eine gute Pflege bei Demenz umfasst alle Lebensbereiche.

Für viele Menschen ein Tabuthema; das Ausscheiden von Harn und Stuhl gehört aber bei der Pflege zum Alltag. Störungen in diesem Bereich beeinflussen nicht nur das psychische Wohlbefinden, sondern können auch Anzeichen gesundheitlicher Probleme sein. Vor allem im fortgeschrittenen Stadium der Demenz kann die Kontrolle über Blase und Darm verloren gehen und eine intensive Betreuung notwendig machen.

  • Bei mittelstarker Demenz funktioniert die körperliche Kontrolle noch, aber die Toilette wird unter Umständen nicht rechtzeitig gefunden. Manchmal fällt auch die Bedienung schwer. Hier helfen ein direkter, gut zugänglicher Weg und eine einfach zu gebrauchende Toilette. Auch einfach zu öffnende Kleidung kann den Gang zur Toilette erleichtern.
  • Inkontinenz (insbesondere im Frühstadium) kann Zeichen einer Infektion sein und sollte vom Arzt abgeklärt werden.
  • Vermeiden Sie übermäßiges Trinken am Abend.
  • Erinnern Sie in regelmäßigen Abständen an den Gang zur Toilette, ohne zu drängen.
  • Häufig macht sich eine bevorstehende Ausscheidung durch Körpersprache und Mimik bemerkbar.
  • Ein Blasenkatheter sollte so lange wie möglich vermieden werden.
  • Inkontinenzeinlagen sollten auf Vorrat gekauft und griffbereit aufbewahrt werden.
  • Windeln dienen auch der Sicherheit. Wenn die Toilette noch besucht werden kann, sollte dies auch versucht werden. Vermeiden Sie, aus Bequemlichkeit die Windel einem Toilettenbesuch vorzuziehen.
  • Verstopfung oder Durchfall sollte nach Rücksprache mit einem Arzt behandelt werden.
  • Achten Sie auf ausreichende Hygiene. Wenn der Patient selbstständig auf der Toilette war kann es zu Verschmutzungen oder „Missgeschicken“ kommen.

Haushalt von Demenzkranken

Grundsätzlich sollte versucht werden, ein eigenständiges Leben so gut wie möglich zu unterstützen. Durch einige Anpassungen im Haushalt können Gefahren vermieden und Defizite kompensiert werden. Stürze stellen immer ein hohes Risiko dar und können zu ernsthaften Verletzungen führen.

  • Entfernen Sie Teppiche oder verwenden Sie rutschfeste Unterlagen, um ein Wegrutschen zu verhindern.
  • Glatte Fußböden oder Fliesen können ebenfalls eine Rutschgefahr darstellen. Dies gilt insbesondere bei Regen, beim Blumengießen, in der Küche oder im Badezimmer.
  • Niveauunterschiede oder kleine Stufen können zu Stolperfallen werden. Versuchen Sie Türschwellen, Teppichkanten oder Unebenheiten auszugleichen.
  • Häufig benutze Wege sollten immer gut beleuchtet werden. Vor allem der Gang zur Toilette sollte ständig oder mit einem automatischen Licht (Bewegungssensor) beleuchtet sein.
  • Vermeiden Sie Möbel mit Rollen oder Klappsessel. Sitzgelegenheiten sollten stabil genug sein, um beim Niedersetzen nicht wegzurutschen.
  • Wichtige Gegenstände sollten in Griffweite sein. Möbelstücke dürfen nicht als Ersatz für eine Leiter verwendet werden, um hochgelagerte Gegenstände zu erreichen.
  • Haltegriffe in der Nähe des Bettes oder der Toilette können das Aufstehen und Hinsetzen erleichtern.
  • Zu weiche Sitzmöbel erschweren das Aufstehen, Armlehnen erleichtern es.
  • Ziergegenstände, Blumen, Haushaltsgeräte, aber auch Möbel sollten nicht frei im Zimmer stehen. Versuchen Sie, wichtige Wege frei von Hindernissen zu halten. Vor allem in der Nacht kann so die Stolpergefahr reduziert werden.
  • Arbeit im Garten ist mit einem hohen Verletzungs- und Sturzrisiko verbunden.

Beschuldigungen, Vorwürfe, Stimmungsschwankungen bei Demenz

Stimmungsschwankungen sind etwas Menschliches. Allerdings können sie bei Demenz sehr überraschend, übertrieben und unkontrolliert ausbrechen. Für Angehörige kann ein plötzliches Aufbrausen angsteinflößend oder beleidigend wirken.

Ist man durch die Pflege ohnehin schon am Ende seiner Kräfte, kann aggressives oder abwertendes Verhalten durch den Angehörigen sehr verletzend sein. Dann fällt es nicht immer leicht, ruhig und sachlich zu bleiben. Dennoch sollten Sie versuchen, Stimmungsschwankungen als Zeichen der Krankheit wahrzunehmen.

  • Reagieren Sie gelassen. In den meisten Fällen gehen die Stimmungsschwankungen rasch vorüber.
  • Überforderung, eine neue Umgebung oder Reizüberflutung können Auslöser von Ängsten sein. Versuchen Sie, durch Ihr Verhalten und Ihre Sprache Sicherheit zu vermitteln.
  • Gut gemeinte Ratschläge und Handlungsanweisungen können den Patienten überfordern.
  • Spätere Vorwürfe gegenüber des Patienten machen keinen Sinn. Er kann sich wahrscheinlich an sein beleidigendes oder verletzendes Verhalten nicht mehr erinnern.
  • Es kann zu wahnhaften Ideen und Halluzinationen kommen, die sich in kaum nachvollziehbaren Vorwürfen äußern. Beispiele wären etwa Beschuldigungen, man würde stehlen oder untreu sein. Machen Sie sich bewusst, dass diese Vorwürfe ein Symptom der Demenz sind und lassen Sie sich dadurch nicht beeinflussen.
  • Halluzinationen stellen sich häufig als Verwechslung von Menschen heraus: Der Betroffene hat Personen aus dem Fernsehen mit anwesenden Personen verwechselt oder ordnet Stimmen falsch zu. Vermeiden Sie vor allem abends die Berieselung durch Fernsehen oder Radio.
  • Eine Auflösung von wahnhaften Vorstellungen ist häufig nicht möglich. Vermitteln Sie stattdessen Sicherheit und versuchen Sie, die Ängste des Patienten zu mildern.
  • Viele Maßnahmen erscheinen dem Demenzkranken sinnlos oder als Bevormundung. Manche Menschen reagieren darauf aggressiv und streitbar. Hier kann es helfen, bestimmte Dinge nicht als Verbot zu formulieren. Machen Sie Vorschläge statt Verbote und führen Sie ein kurzes Gespräch statt strenger Anordnungen.
  • In den meisten Fällen gibt es einen konkreten Auslöser für aggressives Verhalten (Überforderung, Bevormundung, Fehlwahrnehmung, usw.). Oft sind es freundlich gemeinte Hilfestellungen oder das Ausbessern eines Fehlers, die zu einem Aufbrausen führen können.
  • Wenn es zu häufigen, starken Aggressionsausbrüchen kommt, sprechen Sie mit Ihrem Arzt über die mögliche Verabreichung von Medikamenten.
  • Achten Sie auf Ihr eigenes Wohlbefinden und suchen Sie sich seelischen Ausgleich. Bitten Sie in besonders belastenden Situationen Angehörige oder professionelle Helfer um Unterstützung.
  • Viele Situationen lassen sich durch einfache Ablenkung entschärfen.
  • Häufig werden Personen verwechselt oder nicht mehr erkannt. Hier sollte die Verwechslung nur richtiggestellt werden, wenn es der Beruhigung dient. Das Verkennen von Geschwistern oder guten Freunden belastet den Patienten womöglich nicht weiter. In solchen Fällen bringt eine Auflösung der Verwechslung wenig.

Kommunikation bei Demenz

Im Verlauf der Demenz wird die Kommunikation mit dem Angehörigen immer schwieriger. Sind es zu Beginn nur leichte Wortfindungsstörungen kommt es in weiterer Folge zu einem reduziertem Sprachverständnis bis hin zu weitgehender Sprachlosigkeit.

  • Sprechen Sie klar und ruhig.
  • Verwenden Sie einfache, kurze Sätze. Achten Sie darauf, nicht zu viele Informationen auf einmal zu geben.
  • Erklären Sie Ihre Handlungen, auch wenn Sie der Demenzkranke nicht mehr versteht. Gefühle, Körpersprache und Gestik werden trotzdem wahrgenommen.
  • Vermeiden Sie ständiges Ausbessern bei Wortfindungsstörungen. Viele Patienten empfinden es als kränkend und als Zeichen ihrer „Unfähigkeit“.
  • Hintergrundgeräusche von Fernseh- oder Radiogeräten machen es für den Patienten schwieriger dem Gespräch zu folgen.
  • Behandeln Sie Ihren Angehörigen mit Respekt und Achtung. Vermeiden Sie in seiner Gegenwart über ihn zu sprechen, als ob er nicht anwesend wäre.
  • Verzichten Sie auf ironische oder sarkastische Bemerkungen; sie werden in der Regel nicht verstanden.
Redaktionelle Bearbeitung: Benjamin Slezak
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