Prüfungsangst an der Universität

Studieren mit Prüfungsangst

Student mit Prüfungsangst

Prüfungsangst kann den Verlauf eines Studiums erheblich beeinflussen. Anders als in der Schule tragen Studierende die Verantwortung allein: Sie entscheiden, wann sie Prüfungen antreten, wie sie sich vorbereiten und welche Hilfen sie in Anspruch nehmen. Das Aufschieben von Prüfungen, große Hörsäle und die Anonymität der Universität machen es leicht, Angstsituationen auszuweichen. Umso wichtiger ist es, eigene Strategien zu entwickeln, um Prüfungsangst an der Universität zu bewältigen
 

Schwerpunkt Bildung
Lesedauer 15 Min.
Psychische Belastungen
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Prüfungsangst wird gerne als das Problem von Schülern abgetan. Schließlich sind Studierende erwachsene Menschen und können sich ihren Ängsten stellen. Anders als in der Schule trägt man die volle Verantwortung für die eigene Lernplanung, Anmeldung und Prüfungsteilnahme. Für viele ist das jedoch keine Freiheit und Selbstständigkeit, sondern bedeutet zusätzlichen Druck.

Besondere Herausforderungen im Studium

Mehr Freiheit bedeutet mehr Eigenverantwortung

Studierende können Prüfungen verschieben – ein Unterschied zur Schule, der es ermöglicht, Angstsituationen auszuweichen, aber langfristig den Studienerfolg gefährdet. Studierende haben so die Möglichkeit, kurzfristig den Druck zu reduzieren, allerdings wächst die Belastung mit jeder verschobenen Prüfung. So kann leicht eine Spirale aus Aufschub und zunehmender Angst entstehen.

Hinzu kommt, dass Eltern oder Lehrer nicht mehr die gewohnte Rolle einnehmen, also nicht mehr ermahnen oder unterstützen können. Viele fühlen sich alleingelassen und müssen lernen, die eigene Motivation zu steuern. Gerade in den ersten Semestern kann die noch ungewohnte Selbstverantwortung Schwierigkeiten bereiten.

Je länger eine Prüfung aufgeschoben wird, desto größer wird die Angst. Es ist besser, sich frühzeitig zu stellen, auch wenn das Ergebnis nicht perfekt sein muss.

Prüfungen im Studium sind häufig umfangreicher und komplexer. Die alten Lerngewohnheiten reichen oft nicht aus, um den deutlich größeren Lerninhalt zu bewältigen. Das verstärkt das Gefühl, überfordert zu sein. Dazu kommt, dass Prüfungen nicht beliebig oft wiederholt werden können. Zu der ohnehin schon bestehenden Angst vor der Prüfung kommt dann noch die Furcht vor dem, was passiert, wenn das Ergebnis negativ wäre.

Zuletzt fehlt dann auch eine Perspektive: Ein Studium besteht in der Regel aus vielen verschiedenen Prüfungen. Sind diese bereits zu Beginn des Studiums eine psychische Belastung, ist der subjektive Ausblick auf ein oft jahrelanges Studium nicht sehr verlockend.

Auch die Anonymität ist wenig hilfreich: Es fehlt persönliche Unterstützung, und es interessiert niemanden, ob man seine Prüfungen ablegt oder nicht.

Prüfungsangst

Auswirkungen der Prüfungsangst an der Universität

Das Hinauszögern von Prüfungen kann unterschiedliche Folgen für die Studierenden haben:

  • Geldsorgen durch verlängerte Studiendauer und Wegfall von Beihilfen.
  • Angst, den Erwartungen der Familie nicht zu entsprechen.
  • Enttäuschung, den eigenen Erwartungen nicht zu entsprechen.
  • Das Gefühl, „dumm“ zu sein, obwohl tatsächlich eine Angststörung besteht.
  • Folgen der psychischen Belastung, etwa Schlafprobleme, Konzentrationsschwächen oder depressive Verstimmungen.

Vorbereitung und Struktur

Neben den bewährten Tipps und Ratschlägen bei Prüfungsangst sollten die besonderen Rahmenbedingungen an der Universität beachtet werden. Dazu zählt eine gute Organisation:

  • Verschaffen Sie sich einen Überblick über Prüfungsordnungen, Fristen und Anmeldeverfahren.
  • Erstellen Sie frühzeitig einen Semesterplan. Welche Prüfungen stehen an, und wie viel Zeit brauchen Sie dafür?
  • Nutzen Sie, sofern verfügbar, Mentoring-Programme, Tutorien oder Sprechstunden.
  • Lerngruppen helfen, die Stoffmenge zu teilen.
  • Informieren Sie sich über die Prüfungsordnung. Sie enthält Regelungen zu Wiederholungen, Nachteilsausgleichen oder Fristverlängerungen.
  • Auch wenn man anonymer als an der Schule ist: Auch an der Universität sind individuelle Vereinbarungen möglich. Scheuen Sie sich nicht, Ihren Professor über Ihre Prüfungsangst zu informieren. Womöglich lässt sich eine Lösung finden.

Strategien während der Prüfung

Je nachdem, ob es sich um eine schriftliche oder mündliche Prüfung handelt, sind unterschiedliche Strategien sinnvoll:

  • Versuchen Sie, bei schriftlichen Prüfungen einen klaren Zeitplan einzuhalten.
  • Falls erlaubt, können Sie Markierungen auf dem Aufgabenblatt machen, beispielsweise welche Aufgaben Sie zuerst angehen möchten und wie viel Zeit Sie sich dafür nehmen möchten.
  • Überlegen Sie auch, welche Fragen bzw. Aufgaben Sie streichen möchten, falls die Zeit zu knapp wird.
  • Wenn Sie in Schwierigkeiten geraten, schreiben Sie zunächst das, was Ihnen einfällt. So geben Sie Ihrem Gedächtnis die Chance, weitere Inhalte freizusetzen.
  • Bei mündlichen Prüfungen hilft es, die eigene Antwort zu argumentieren. So kann die richtige Antwort während der Argumentation entstehen, selbst wenn sie Ihnen zu Beginn womöglich noch gar nicht so klar war.
  • Nutzen Sie kurze Pausen, etwa zwischen Fragen. Ein paar Sekunden innehalten und tief durchatmen wirkt beruhigend.
  • Versuchen Sie, die Prüfung als Feedback und weniger als Bedrohung zu sehen.

Hilfe und Unterstützung

Prüfungsangst muss nicht allein bewältigt werden. Viele Universitäten bieten entsprechende Unterstützungsangebote: psychologische Beratungsstellen, Workshops zu Prüfungsangst, Stressbewältigungskurse oder Entspannungsangebote sind womöglich verfügbar.

Auch Fachschaften bieten manchmal entsprechende Angebote an. Sie kennen die spezifischen Probleme eines Studiengangs und können praxisnahe Tipps geben.

Wie bei allen psychischen Belastungen ist auch das soziale Umfeld wichtig. Befreundete Kommilitonen kennen das Studium aus eigener Erfahrung und können nicht nur beim Lernen eine Hilfe sein. Womöglich finden Sie eine Vertrauensperson, mit der Sie Ihre Ängste teilen können. Vergessen Sie auch nicht, dass Prüfungsangst kein Zeichen von geringer Begabung oder Leistungsfähigkeit ist. Vergleichen Sie daher Ihre Leistung nicht mit anderen Studierenden, die nicht unter Prüfungsangst leiden. Dies wird besonders deutlich, wenn Sie Schwierigkeiten haben, gelernte Inhalte abzurufen, die Sie in der Vorbereitungszeit noch wussten. Bei betroffenen Studierenden liegt es häufig nicht an mangelndem Fleiß, Talent oder Intelligenz, sondern schlicht an der Prüfungssituation.

Manchmal – vor allem in schweren Fällen – ist es sinnvoll, professionelle Hilfe von außen in Anspruch zu nehmen. Gerade wenn Prüfungsangst das Studium ernsthaft gefährdet, kann eine Psychotherapie eine Investition in die Zukunft sein.

Schulangst

Redaktionelle Bearbeitung: Benjamin Slezak
Erste Veröffentlichung:
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