Wann geht man zum Psychotherapeut und wann zum Psychologen?

Unterschied Psychotherapeut und Psychologe

Frau beim Psychologen oder Psychotherapeuten

Kennen Sie das? Jemand hat ein psychisches Problem und instinktiv schickt man die Person zu einem „Psychologen“. Andere lassen ihre Probleme regelmäßig von einem Psychotherapeuten behandeln. Doch wo liegen die Unterschiede und was machen die beiden Berufsgruppen eigentlich genau?

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Schwerpunkt Gesundheit
Schwerpunkt Behandlung
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Psychologe und Psychotherapeut sind zwei grundsätzlich unterschiedliche Berufe. Sie haben verschiedene Ausbildungswege, andere Aufgaben und andere Zielsetzungen.

Manchmal ist eine Unterscheidung gar nicht notwendig – viele Psychotherapeuten sind auch Psychologen. Für den Patienten ist das praktisch: Ihr Therapeut hat dann beide Ausbildungen gemacht und verfügt über ein breites Fachwissen.

Doch wann sollte man nun zu einem Psychologen gehen, wann zu einem Psychotherapeuten?

Psychologe oder Therapeut

Psychologe

Therapeut

Abklärung psychischer Auffälligkeiten

Langfristige Therapeuten - Klienten Beziehung

Klärung von Hochbegabung, Fördermöglichkeiten, Berufswahl u.v.m.

Persönliches, vertrauensvolles Verhältnis

Diagnostik, Intelligenztests, Eignungstests, Persönlichkeitstests

Breite Auswahl an psychotherapeutischen Arbeitsweisen und Methoden

Psycho-soziale Probleme und Fragestellungen

Alltagsprobleme, z. B.: Trauer, Beziehungsprobleme, Unzufriedenheit, ...

Psychologe statt Psychotherapeut

Zu den Aufgaben eines Psychologen zählen die Diagnose und Abklärung von Fragen, die mit der menschlichen Psyche zu tun haben. Dabei muss es sich nicht unbedingt um eine Krankheit oder Störung handeln. Beispiele wären etwa die Hilfe bei der Berufswahl oder Eignungstests.

Typische Fragen und Probleme, mit denen Sie also zu einem Psychologen gehen könnten wären etwa:

  • Leide ich unter Depressionen?
  • Ist mein Kind hochbegabt?
  • Mein Kind tut sich sehr schwer beim Lernen in der Schule.
  • Ich leide unter ständiger Angst.
  • Mein Gedächtnis lässt in letzter Zeit stark nach.
  • Für welchen Beruf wäre mein Kind gut geeignet?
  • Ist mein Kind hyperaktiv?

Das Betätigungsfeld eines Psychologen ist also breit gefächert. Viel davon hat mit psychologischer Diagnostik zu tun – ein Psychologe ist also eine gute Idee, wenn Sie nicht genau wissen, an wen Sie sich wenden sollen.

Viele Menschen stehen auch vor der Frage, ob Sie überhaupt ein Problem haben. Was ist normal? Ab wann bin ich nicht mehr normal? Ist das schlimm? Eine Abklärung durch einen Psychologen kann sinnvoll sein, wenn Sie sich unsicher sind, ob überhaupt ein Problem besteht.

Paar beim Therapeuten
Beim Psychotherapeuten ist häufig auch eine Paartherapie möglich.

Unter Umständen wird der Psychologe einige Tests durchführen. Diese können etwa die Leistungsfähigkeit, Ihre Persönlichkeit oder andere Aspekte der Psyche betreffen. Die Testergebnisse werden in der Regel mit dem Psychologen besprochen. Gemeinsam können dann die nächsten Schritte geplant werden und – wenn nötig – andere Berufsgruppen hinzugezogen werden.

Der Psychologe dient also mehr der Abklärung eines Problems und weniger der Behandlung eines seelischen Leidens. Nach einer Diagnose kann die Behandlung von einem Psychiater oder Therapeuten womöglich besser durchgeführt werden.

Als Faustregel kann gelten: Wenn das Problem oder Ihre Frage eher allgemeiner Natur ist, bietet sich der Weg zum Psychologen an. Geht es um sehr persönliche Probleme könnte ein Besuch beim Psychotherapeuten sinnvoller sein.

Psychotherapeut statt Psychologe

Psychotherapeuten sind vor allem bei Anliegen geeignet, deren Ursprung in der persönlichen Lebensgeschichte liegt. Bei komplexen Problemen kann es notwendig sein, die Entstehungsgeschichte zu kennen. Während der Psychotherapie bietet sich die Möglichkeit, verschiedene Facetten Ihres Leidens herauszuarbeiten und im Rahmen der individuellen Situation zu betrachten.

Der Therapeut nimmt sich mehr Zeit Sie kennen zu lernen, das Problem zu analysieren und gemeinsam eine Lösung zu finden. Besonders wichtig ist die therapeutische Beziehung: Man kennt und vertraut einander, unter Umständen über viele Jahre.

Psychologen beherrschen nicht automatisch Psychotherapie. Viele Psychotherapeuten sind auch Psychologen, sie haben dann beide Ausbildungen absolviert. Ein Psychologe darf ohne die entsprechende Qualifikation keine Psychotherapie anbieten.

Je nach therapeutischer Schule kommen unterschiedliche Methoden zum Einsatz. Ihr Anliegen kann mit verschiedenen Ansätzen behandelt werden: Manche Therapeuten stellen Sie als Person in das Zentrum der Behandlung, andere konzentrieren sich eher auf das Problem. In der Regel ist aber allen Methoden gemein, dass eine gute therapeutische Beziehung zwischen Therapeut und Klient eine Grundvoraussetzung ist. Ohne einen “guten Draht” zum Therapeuten funktioniert es einfach nicht.

Daher ist es manchmal auch nicht ganz einfach einen passenden Therapeuten zu finden. Während Psychologen weitgehend dieselben Methoden anwenden, unterscheiden sich Psychotherapeuten stark in Sichtweise und Interpretation der Probleme. Dazu kommt, dass es auch menschlich klappen muss. Manchmal kann es vorkommen, dass einige Therapeuten „ausprobiert“ werden müssen, bis es dann endlich gut passt.

Eine Psychotherapie bietet sich vor allem für die langfristige Behandlung von sehr persönlichen Problemen an. Beispiele wären etwa:

Es kann auch sein, dass Sie Ihr Therapeut gerade zu Beginn der Therapie zu einem Psychologen schickt. Als unabhängiger Experte kann der Psychologe eine Diagnose stellen und bei der Planung der Therapie helfen. Unter Umständen ist diese Diagnose auch für die Krankenkasse wichtig, etwa wenn es um eine mögliche Kostenübernahme geht.

  • Hans Morschitzky, Springer Verlag: Psychotherapie Ratgeber
Redaktionelle Bearbeitung: Benjamin Slezak
Erste Veröffentlichung:
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