Therapie und Medikamente bei Prüfungsangst
Psychotherapie oder Medikamente?

Starke Prüfungsangst kann den Erfolg bei Prüfungen dauerhaft beeinträchtigen und zu einer schweren psychischen Belastung werden. In solchen Fällen reicht Selbsthilfe oft nicht mehr aus. Dann können psychotherapeutische Methoden und in bestimmten Situationen auch Medikamente helfen. Entscheidend ist, die passende Form der Unterstützung zu finden und zu wissen, wie schnell diese wirkt.
Prüfungsangst lässt sich in vielen Fällen durch Selbsthilfestrategien und gute Vorbereitung bewältigen. Wie das gelingen kann, beschreiben wir in unserem Artikel zur Überwindung von Prüfungsangst. Doch wenn die Angst zu stark wird und den Studien- oder Berufsweg ernsthaft beeinträchtigt, können therapeutische Ansätze und in manchen Fällen auch Medikamente notwendig sein.
Psychotherapeutische Ansätze
Eine wirksame Behandlung bei Prüfungsangst ist die kognitive Verhaltenstherapie. Dabei lernen Betroffene, ihre negativen Gedanken zu erkennen und Schritt für Schritt durch realistischere Bewertungen zu ersetzen. Erste Verbesserungen treten meist nach wenigen Wochen regelmäßiger Sitzungen auf, deutliche Veränderungen zeigen sich in der Regel nach 2–3 Monaten.
Therapeutische Übungen beinhalten oft Rollenspiele oder Simulationen von Prüfungssituationen. Indem die Angst gezielt hervorgerufen und bewältigt wird, verlieren die Situationen ihren Schrecken. Spürbare Fortschritte ergeben sich meist nach 5–10 Sitzungen, je nach Intensität.
Warten Sie nicht, bis die Angst unerträglich wird. Je früher eine Therapie beginnt, desto leichter lässt sich Prüfungsangst überwinden.
Auch andere Verfahren wie systemische Therapie oder tiefenpsychologische Ansätze können helfen, besonders wenn familiäre Erwartungen oder Perfektionismus die Angst verstärken. Hier können Veränderungen länger dauern und sich über mehrere Monate hinweg aufbauen.
Viele Universitäten und Schulen bieten inzwischen psychologische Beratungsstellen an, die erste Schritte erleichtern und bei Bedarf an spezialisierte Therapeutinnen und Therapeuten verweisen.
Entspannungsverfahren
Ergänzend zur Psychotherapie sind Entspannungsmethoden hilfreich, um körperliche Symptome der Angst zu reduzieren. Besonders bewährt haben sich Atemübungen, progressive Muskelentspannung oder Achtsamkeitsübungen. Diese Techniken lassen sich gut in den Alltag integrieren.
Erste positive Effekte spüren viele Betroffene bereits nach einigen Tagen regelmäßiger Anwendung. Eine stabile Wirkung stellt sich aber meist erst nach 4–6 Wochen konsequenten Trainings ein.
Üben Sie Entspannungstechniken regelmäßig, nicht nur vor Prüfungen. So können Sie sie im Ernstfall automatisch abrufen.
Auch Sport und Bewegung haben eine angstlösende Wirkung. Schon ein kurzer Spaziergang oder leichtes Ausdauertraining vor einer Prüfung reduziert Nervosität deutlich. Wer mehrmals pro Woche trainiert, profitiert nach einigen Wochen spürbar von einer besseren Stressresistenz.
Manche Studierende nutzen auch Yoga oder Meditation, um Körper und Geist in Balance zu halten. Diese Methoden entfalten ihre Wirkung meist nach 6–8 Wochen regelmäßiger Praxis.
Medikamentöse Behandlung
Medikamente sollten nur in schweren Fällen von Prüfungsangst eingesetzt werden – und immer unter ärztlicher Begleitung. Sie können Symptome lindern, ersetzen aber keine langfristige Therapie. Vor allem wirken sie nicht auf die Ursachen, sondern nur auf die Begleiterscheinungen.
Beruhigungsmittel (Benzodiazepine) wirken sehr schnell, oft innerhalb von 30–60 Minuten. Wegen ihres Abhängigkeitspotenzials sind sie nur für den kurzfristigen Einsatz gedacht. Die Gefahr einer Abhängigkeit ist dabei nicht zu unterschätzen! Beachten Sie unseren Artikel zur Benzodiazepinabhängigkeit.
Antidepressiva, die auch angstlösend wirken können, benötigen mehrere Wochen: Erste Verbesserungen stellen sich nach 2–4 Wochen ein, die volle Wirkung nach 6–8 Wochen.
Medikamente sind kein Ersatz für Therapie. Allerdings kann es bei einmaligen Prüfungen relevant sein: Eine Diplomprüfung legt man in der Regel nur einmal ab. Wenn danach keine weiteren Prüfungen anstehen, ist eine lange Psychotherapie womöglich nicht das Mittel der Wahl. Die Entscheidung liegt immer bei Ihnen.
Betablocker setzen rasch ein – oft innerhalb von 1–2 Stunden – und lindern körperliche Symptome wie Zittern oder Herzrasen. Sie wirken allerdings nur auf den Körper, nicht auf die psychische Komponente der Angst. Hier besteht die Gefahr eines Missbrauchs. Nähere Informationen finden Sie in unserem Artikel Missbrauch von Betablockern.
Die Entscheidung für Medikamente muss immer gemeinsam mit einem Arzt getroffen werden. Selbstmedikation ist riskant und kann mehr schaden als nützen. Bedenken Sie außerdem mögliche Nebenwirkungen: Wer zu stark unter Medikamenteneinfluss steht, kann womöglich nicht seine volle Leistungsfähigkeit ausschöpfen.
Vor- und Nachteile von Medikamenten
Viele Medikamente wirken schnell und können in akuten Situationen rasch Entlastung verschaffen. Dabei reicht schon das Wissen, dass im Fall des Falles Hilfe bereitsteht, um erst gar nicht in Panik oder einen Blackout zu verfallen. Die Tatsache, dass man die Angst – falls notwendig – bewältigen kann, wirkt beruhigend und mindert die Angst vor einem Blackout.
Dem stehen klare Nachteile gegenüber: mögliche Nebenwirkungen, Abhängigkeitspotenzial und die Tatsache, dass die eigentlichen Ursachen der Prüfungsangst unbehandelt bleiben. Es bleibt auch die Frage, ob nicht auch andere Wege womöglich zum Ziel geführt hätten.
Sehen Sie Medikamente als Notfallmaßnahme, wenn die Zeit knapp ist und Hilfe unbedingt notwendig wird. Wenn die nächste Prüfung noch Monate entfernt ist, bleibt genug Gelegenheit, andere Methoden zu versuchen. Im Notfall können Medikamente auch noch kurzfristig verschrieben werden.
Sinnvoll scheint eine auf die individuelle Situation angepasste Vorgehensweise:
Therapie | Medikamente |
---|---|
Bei einer Neigung zu Abhängigkeit. | Wenn die Zeit knapp wird. |
Am Anfang des Studiums, wenn noch viele Prüfungen zu bewältigen sind. | Bei einmaligen Prüfungen, beispielsweise der Diplomprüfung. |
Selbsthilfe ist möglich. | Benötigt unbedingt ärztliche Abklärung. |
Manchmal ungewisse Wirksamkeit. | Wirken schnell und verlässlich. |
Nehmen Sie keine Medikamente unmittelbar vor einer Prüfung, wenn Sie deren Wirkung nicht kennen. Sie sollten wissen, wie Ihr Körper auf das Medikament reagiert. So vermeiden Sie Überraschungen und Nebenwirkungen.
Hilfe und Unterstützung
Wenn Sie unter häufiger oder starker Prüfungsangst leiden, sollten Sie sich nicht allein auf Medikamente verlassen. Suchen Sie rechtzeitig Unterstützung bei Fachärzten, Psychotherapeuten oder psychologischen Beratungsstellen. Diese kennen sowohl medikamentöse als auch therapeutische Methoden und können Sie dementsprechend beraten.
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