Therapie von Prüfungsangst

Wie man Prüfungsangst professionell behandeln kann

Kind bekommt Therapie wegen Prüfungsangst

Eine Behandlung von Prüfungsangst ist empfehlenswert, sobald die Angst den Alltag und Wohlbefinden stark beeinträchtigt. In der professionellen Therapie steht die gezielte Auseinandersetzung mit den individuellen Besonderheiten im Vordergrund. Dabei können verschiedene Methoden zum Einsatz kommen.

Schwerpunkt Bildung
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Psychische Belastungen
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Die meisten Betroffenen von Prüfungsangst versuchen zunächst, ihr Problem selbst in den Griff zu bekommen. Das ist grundsätzlich auch eine gute Idee – es gibt eine Reihe an Tipps und Tricks, die bei Prüfungsangst helfen können.

Was aber, wenn Selbsthilfe nicht zum gewünschten Erfolg führt? Wann sollte man sich professionelle Hilfe suchen?

Professionelle Hilfe bei Prüfungsangst

Die Empfehlung für eine professionelle Therapie hängt vom Ausmaß der Beeinträchtigung durch die Prüfungsangst ab. Obwohl Selbsthilfe in vielen Fällen möglich ist, stößt sie an Grenzen. Vor allem, wenn die Zeit knapp ist und man kurz vor einer Prüfung steht, ist es für Selbsthilfe häufig zu spät. Der Körper befindet sich dann bereits in einem Zustand erhöhter Anspannung, und man ist mit Lernen und Prüfungsvorbereitungen beschäftigt. Daher sollten Selbsthilfe-Methoden rechtzeitig geübt und ausprobiert werden.

Experten für Prüfungsangst können hier helfen. Die unter Anleitung erlernten Methoden mögen der Selbsthilfe ähneln, haben aber einen entscheidenden Vorteil: Spezialisten wissen, welche Technik in der individuellen Situation am besten geeignet ist. So spart man sich langwieriges Ausprobieren und kommt schneller ans Ziel.

Der individuelle Zugang ist wichtig. Während es beispielsweise einer Person hilft, die Gedanken zu beruhigen und zu kontrollieren, stehen bei anderen körperliche Symptome im Vordergrund. Zunächst werden daher die Rahmenbedingungen abgeklärt: Um welche Prüfung handelt es sich, und was sind die individuellen Herausforderungen? Handelt es sich um blockierende Gedanken – und wenn ja, welche? Fehlen womöglich effektive Lernstrategien oder ein adäquates Zeitmanagement?

Einige Methoden können nach einem ersten Kennenlernen selbst angewendet werden, beispielsweise verschiedene Klopftechniken.

Wie schnell wirkt eine Therapie bei Prüfungsangst?

Die Dauer der Therapie hängt von der Intensität der Ängste und den psychosomatischen Reaktionen ab. Therapeutische Ansätze – insbesondere in der kognitiven Verhaltenstherapie – erfordern möglicherweise mehr Zeit als ein Coaching.

Sogenannte Selbstwirksamkeits-Techniken können bereits nach wenigen Sitzungen positive Effekte erzielen. Entspannungstechniken wie die Progressive Muskelrelaxation benötigen meist mehr Einheiten, um dauerhafte Ergebnisse zu erzielen. Achtsamkeitsbasierte Stressreduktionskurse erstrecken sich über längere Zeiträume und bieten Hilfe bei der generellen Stressbewältigung.

Selbstwirksamkeit beschreibt die Überzeugung, bestimmte Handlungen erfolgreich durchzuführen und seine Ziele zu erreichen. Diese Haltung führt tatsächlich dazu, Probleme besser zu bewältigen.

Eine sofortige Besserung ist in gewissem Ausmaß möglich. Sie hängt jedoch von den individuellen Rahmenbedingungen ab und ist in der Regel nicht so tiefgreifend wie eine langfristige Therapie. Häufig zeigt sie sich unmittelbar nach einer Behandlung, wenn Betroffene das Thema zum ersten Mal in einem professionellen Setting ansprechen können.

Besonders wenn das Thema bisher vermieden und lange Zeit verschwiegen wurde, kann es bereits helfen, sich verstanden zu fühlen. Der Blickwinkel einer erfahrenen Person, die Vermittlung sofort anwendbarer Methoden und das Wissen, dass es Hilfe gibt, können bereits Erleichterung verschaffen.

Wie wirkt die Therapie bei Prüfungsangst?

Prüfungsangst ist kontextgebunden und tritt in Situationen auf, die persönlich wichtig sind. Die Therapie zielt darauf ab, diesen Situationen mit mehr Gelassenheit zu begegnen. Nervosität, Aufgeregtheit und Aktivierung werden weiterhin auftreten – allerdings in einem normalen, vertretbaren Ausmaß. Sollten dennoch alte Verhaltensmuster wiederkehren, stehen gut erlernte Handlungsmöglichkeiten zur Verfügung, um rasch in die eigene „Komfortzone“ zurückzukehren.

Diese Techniken müssen zunächst aktiv erarbeitet werden: Was kann ich tun? Wie fühlt sich das an? Das theoretische Wissen über verschiedene Methoden hilft wenig, wenn sie nicht ausprobiert und erlebt wurden. Erst die Erfahrung lehrt Betroffene, dass sie sich auf die erlernten Techniken – und damit auf sich selbst – verlassen können.

Wenn Sie diese Zeilen lesen, um sich mit Ihrer Prüfungsangst auseinanderzusetzen, ist der erste Schritt bereits getan. Die Selbstreflexion und die vorhandene Handlungsbereitschaft sind ein gutes Zeichen. Versuchen Sie, daraus Selbstvertrauen zu schöpfen – bereits diese Aufbruchstimmung kann Ängstlichkeit verringern.

Ein vollständiges Verschwinden der Angst ist nicht möglich und auch nicht sinnvoll. Angst ist ein wichtiges Alarmsignal und Teil unserer Existenz. Es ist also gut und richtig, nervös zu sein – aber sie sollte uns nicht behindern. Es geht darum, zu akzeptieren, dass Nervosität eine normale Reaktion ist und dass es in Ordnung ist, in einem Zustand erhöhter Erregung zu sein.

Manche Methoden helfen, Struktur und Ordnung im Denken zu schaffen. Dies umfasst auch die Planung von Zeit, den Umgang mit stressigen Situationen und die Kontrolle der eigenen Gedanken. Sie helfen, effizienter zu lernen und das Gelernte auch unter Druck abzurufen. Da die meisten Prüfungen unter Zeitdruck stattfinden, kann ein gutes Zeitmanagement entscheidend sein: Wie teile ich die zur Verfügung stehende Zeit optimal ein – und wie verhalte ich mich, wenn sie knapp wird?

Entspannungstechniken und Achtsamkeitsübungen können auch außerhalb von Prüfungssituationen angewendet werden. Sie steigern das Wohlbefinden in vielen Lebensbereichen und sind allgemein hilfreich.

Methoden bei der Behandlung von Prüfungsangst

  • Kognitive Verhaltenstherapie (CBT):
    Die kognitive Verhaltenstherapie identifiziert dysfunktionale Gedanken, die die Angst verstärken. Diese Gedanken werden umgedeutet und aufgelöst.
  • Kognitive Verhaltenstherapie mit virtueller Realität:
    Hier wird das Sprechen vor einem virtuellen Publikum geübt.
  • Metakognitive Therapie:
    Die Aufmerksamkeit und selbstbezogene Gedanken werden auf die Umgebung gelenkt, um den Angstkreislauf zu unterbrechen.
  • Akzeptanz- und Commitment-Therapie / Achtsamkeitsbasierte Stressreduktion:
    Diese Methoden fördern eine Neubewertung von Ängsten und Stress. Ziel ist es, sich mit der Angst zu arrangieren und sie als natürlichen Bestandteil des Prüfungsprozesses zu akzeptieren.
  • Entspannungsverfahren:
    Progressive Muskelrelaxation und systematische Desensibilisierung können Teil einer therapeutischen Strategie sein, um Ängste zu reduzieren.
  • Angst-Management-Techniken:
    Vermitteln Fähigkeiten zur Emotions- und Stressregulation. Dazu gehören die Neubewertung von Situationen, der Aufbau emotionaler Distanz und Mentaltraining. Sie sind hilfreich, um starke körperliche Anspannung besser zu bewältigen.
  • PEP (Prozess- und Embodimentfokussierte Psychologie):
    Eine Klopftherapie aus der energetischen Psychologie. PEP kann in Psychotherapie, Training und Coaching integriert werden und soll die Selbstwirksamkeit erhöhen.

Die Wahl der Therapiemethoden erfolgt individuell im Rahmen der Behandlung. Nicht jede Technik ist für alle Betroffenen gleichermaßen geeignet. So ist beispielsweise eine Konfrontationstherapie – trotz ihrer guten Wirksamkeit – nicht für jeden passend und sollte daher vorsichtig eingesetzt werden.

Die richtige Therapie bei Prüfungsangst finden

Für eine professionelle Behandlung von Prüfungsangst sind qualifizierte Fachleute notwendig. Doch worauf sollte man bei der Auswahl achten?

  • Spezialisierte Qualifikation:
    Lassen Sie sich von Fachleuten wie Psychologen oder Psychotherapeuten behandeln. Vorsicht bei Coaches oder Trainern – diese Bezeichnungen sind nicht geschützt und können von jedem verwendet werden.
  • Fokus auf Prüfungsangst:
    Suchen Sie nach Experten, deren Schwerpunkt tatsächlich auf Prüfungsangst liegt. Vermeiden Sie Angebote, die behaupten, alle Themen abzudecken. Prüfungsangst ist ein komplexes Thema, das spezifisches Fachwissen erfordert.
  • Realistische Erwartungen:
    Achten Sie auf Warnsignale wie das Versprechen, die einzig „richtige“ Technik anzuwenden oder die Angst vollständig beseitigen zu können. Prüfungsangst zu überwinden ist ein Prozess, und Ihre Erwartungen an die Therapie sollten realistisch bleiben.
  • Vielfältige Herangehensweise:
    Qualifizierte Therapeuten kennen die Vielschichtigkeit und individuellen Unterschiede von Prüfungsangst. Sie bieten daher eine Auswahl unterschiedlicher Methoden und Techniken an – von denen womöglich nur einige für Sie passend sind. Seien Sie skeptisch gegenüber Ansätzen, die ausschließlich auf eine einzige Methode setzen.

Prüfungsangst zu bewältigen bedeutet, Strategien zu erlernen, um besser damit umzugehen. Ein vollständiges Verschwinden der Angst ist nicht zu erwarten und auch nicht Ziel der Behandlung. Achten Sie darauf, dass Ihr Therapeut Ihnen realistische Erwartungen vermittelt und eine individuelle, fundierte Begleitung anbietet.

Was Sie bei der Behandlung von Prüfungsangst erwartet

Wenn Sie professionelle Hilfe bei Prüfungsangst in Anspruch nehmen, können Sie Unterstützung in folgenden Bereichen erwarten:

  • Umsetzbare, bewährte Methoden:
    Es kommen ausschließlich bewährte, wirksame Methoden zum Einsatz.
  • Veränderung und Neubewertung:
    Unterstützung bei der Veränderung der individuellen Situation und Neubewertung von Problemen.
  • Imaginationsübungen und „Handeln auf Probe“:
    Anwendung und Begleitung bei Imaginationsübungen und anderen praktischen Übungen.
  • Lernumgebung und Konzentration:
    Techniken zur Aufmerksamkeitslenkung und Steigerung der Konzentration, Verbesserung der Lernumgebung.
  • Ressourcenstärkung:
    Stärkung und (Wieder-)Entdeckung persönlicher Ressourcen.
  • Vernetztes Lernen:
    Förderung der Verknüpfung von Lerninhalten und Lernprozessen.
  • Stress- und Emotionsregulation:
    Vermittlung wirksamer Methoden zur Stress- und Emotionsregulation.
  • Motivationssteigerung und Lernstruktur:
    Aufbau von Motivation und Struktur im Lernprozess.
  • Gelassenheit vermitteln:
    Unterstützung beim Erlernen von Gelassenheit in Prüfungssituationen.
  • Analyse und Anpassung:
    Analyse von Herausforderungen und Anleitung zum „Dranbleiben“.
  • Methodenmix:
    Entwicklung eines individuell abgestimmten Methodenmixes.
  • Embodiment-Erfahrung:
    Übungen zur Körperwahrnehmung und Präsenz.
  • Geschützter Raum:
    Bereitstellung eines sicheren Rahmens für offenen Austausch und Entwicklung.
  • Konzentration auf die Gegenwart:
    Förderung von Achtsamkeit und Fokus auf das Hier und Jetzt.
  • Entspannungsübungen:
    Einüben verschiedener Entspannungsvarianten und Förderung einer achtsamen Haltung.
  • Lernen mit allen Sinnen:
    Unterstützung eines multisensorischen Lernens mit Praxisbezug.
  • Praktische Übungen und Rollenspiele:
    Durchführung von Rollenspielen und Probeprüfungen zur schrittweisen Gewöhnung an Prüfungssituationen. Möglichkeit zur Präsentation und unbenotetem Üben.
  • Betonung des Kontexts:
    Übungen sollten in einem realistischen Prüfungskontext stattfinden, um Gewöhnungseffekte zu fördern.
  • Video-Feedback:
    Einsatz von Video-Feedback bei der Vorbereitung auf mündliche Prüfungen zur Analyse und Verbesserung der Leistung.

  • Siebke Melfsen, Susanne Walitza (Beltz, 2013): Soziale Ängste und Schulangst Entwicklungsrisiken erkennen und behandeln
  • Frances Hoferichter, Diana Raufelder (Kohlhammer Verlag, 2017): Prüfungsangst und Stress Ursachen, Wirkung Und Hilfe
  • Helga Knigge-Illner (Campus Verlag, 2017): Prüfungsangst besiegen. Wie Sie Herausforderungen souverän meistern
  • Werner Metzig, Martin Schuster (Springer, 2006): Prüfungsangst und Lampenfieber
Redaktionelle Bearbeitung: Benjamin Slezak
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