Entstehung von Prüfungsangst
Prüfungsangst biologisch und psychologisch erklärt

Prüfungsangst ist ein verbreitetes Problem. Um sie zu verstehen, lohnt sich ein Blick auf Ursachen, Stressreaktionen und die Rolle von Selbstvertrauen und Selbstwirksamkeit.
Prüfungsangst betrifft vor allem Schüler und Studierende, kann aber auch im beruflichen Umfeld auftreten. Um die Angst besser bewältigen zu können, ist es sinnvoll, Ursachen und biologische Hintergründe zu verstehen.
Ursachen der Prüfungsangst
Angst hat viele Gesichter
Prüfungsangst kann eine Reihe unterschiedlicher Auslöser haben. Häufig spielen die Angst vor Bewertung und die Sorge, zu versagen, eine Rolle. Auch übersteigerte Erwartungen – sowohl die eigenen als auch die von Angehörigen – an die eigene Leistung sind typische Auslöser. Ebenso kann die Angst vor einem Blackout die Anspannung schon im Vorfeld erhöhen und ihn wahrscheinlicher machen.
Jeder Misserfolg verstärkt das Problem, Erfolge verringern die Angst.
Prüfungsangst entsteht nicht durch Faulheit. Sie ist ein komplexes Zusammenspiel von Gedanken, Gefühlen und Körperreaktionen. Auch Persönlichkeitseigenschaften spielen eine Rolle: Menschen, die zu Perfektionismus neigen und sich selbst kritisch gegenüberstehen, entwickeln eher Ängste. Hinzu kommen äußere Faktoren wie Druck durch Familie oder finanzielle Sorgen.
Gerade in der Schule kommen viele dieser Merkmale zusammen: Es hängt viel von einem guten Schulerfolg ab, Prüfungen finden vor Publikum statt, und es kommt häufig zu Prüfungssituationen, denen man nicht ausweichen kann.
Stressreaktion des Körpers
Prüfungssituationen verursachen Stress. Die Stresshormone Adrenalin und Noradrenalin bereiten den Organismus auf Kampf oder Flucht vor: Herzschlag und Atmung beschleunigen sich, Muskeln spannen sich an.
Diese Reaktion ist ursprünglich sinnvoll, weil sie den Körper leistungsfähiger macht. In einer Prüfungssituation ist eine Flucht jedoch nicht möglich, und statt hoher körperlicher Aktivierung wäre ein ruhiger, klarer Kopf wichtig. Anstatt sich auf die Aufgaben zu konzentrieren, richtet sich die Aufmerksamkeit auf die körperlichen Reaktionen und die als bedrohlich wahrgenommene Situation. Wer zittert oder schwitzt, fühlt sich unsicher – und steigert die Angst noch mehr.
Machen Sie sich bewusst: Die körperliche Reaktion ist normal und kein Hinweis auf Versagen. Alle erleben Nervosität – nur die Ausprägung ist unterschiedlich.
Wenn die Stressreaktion zu stark wird, blockiert sie das Denken. Das Arbeitsgedächtnis kann Informationen nicht mehr abrufen – es kommt zu einem Blackout.
Gedanken und Bewertungen
Die innere Bewertung der Prüfungssituation spielt eine entscheidende Rolle. Wer eine Prüfung als Bedrohung sieht, reagiert stärker mit Angst als jemand, der sie als Herausforderung betrachtet. Allerdings ist es nicht immer einfach, gelassen und entspannt an die Sache heranzugehen. Prüfungen sind in der Regel mit Konsequenzen verknüpft: Erfolg bringt uns unseren Zielen näher, Misserfolg bedeutet Verluste und Nachteile.
Versuchen Sie, belastende Gedanken zu hinterfragen. Häufig sind sie übertrieben oder unrealistisch.
Tatsächlich ist die Angst vor solchen negativen Konsequenzen oft übersteigert. Ja, es wäre besser, die Prüfung zu bestehen – aber nur sehr selten hat ein Misserfolg wirklich gravierende Folgen. In der Regel kann die Prüfung wiederholt werden und bedeutet lediglich eine Verzögerung.
Wer die Gründe für den Misserfolg ausschließlich bei sich selbst sucht, leidet stärker unter Ängsten und empfindet negativere Emotionen. Häufig leidet das Selbstbewusstsein, wenn trotz langer Vorbereitung das Prüfungsergebnis nicht den Erwartungen entspricht. Andere haben die Prüfung ja auch geschafft – warum also nicht man selbst? Ist man dümmer als andere?
Tatsächlich kann die Prüfungsangst selbst Grund für das schlechte Abschneiden sein. Andere können sich voll und ganz auf die Aufgaben konzentrieren, während man selbst unter der Angst leidet und nicht die volle Leistungsfähigkeit abrufen kann.
Die Art, wie wir denken, entscheidet also maßgeblich darüber, wie intensiv die Prüfungsangst erlebt wird.
Biologische Hintergründe
Neurowissenschaftliche Studien zeigen, dass bei Prüfungsangst bestimmte Gehirnregionen besonders aktiv sind. Vor allem die Amygdala, das Angstzentrum des Gehirns, spielt eine zentrale Rolle. Sie bewertet Situationen als gefährlich oder bedrohlich und aktiviert das Stresssystem.
Gleichzeitig wird der präfrontale Cortex, der für rationales Denken zuständig ist, in seiner Arbeit eingeschränkt. Dadurch fällt es schwerer, klar zu denken und Gelerntes abzurufen. Auch das Stresshormon Cortisol ist beteiligt. Bei kurzfristigem Stress verbessert es die Leistungsfähigkeit, bei Dauerstress verschlechtert es jedoch Gedächtnis und Konzentration.
Selbstvertrauen und Selbstwirksamkeit
Ein wichtiger Faktor ist das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten. Auch in schwierigen Situationen an die eigene Kompetenz zu glauben, verringert die Angst – sowohl vor der Prüfung als auch in der Prüfungssituation selbst.
Selbstwirksamkeit beschreibt das Gefühl, durch eigenes Handeln Einfluss auf den Verlauf einer Situation nehmen zu können. Menschen mit hoher Selbstwirksamkeit trauen sich zu, Herausforderungen aktiv zu begegnen, anstatt sie zu vermeiden.
Tatsächlich können Selbstwirksamkeit und Selbstvertrauen geübt werden: Denken Sie an frühere Erfolge und halten Sie sich positive Erfahrungen in Erinnerung. Gerade wenn es um Prüfungen geht, können einzelne bestandene Prüfungen viel bewirken. Machen Sie sich klar, dass Sie schon häufig erfolgreich waren. Und wenn Sie es schon einmal geschafft haben, können Sie es auch wieder schaffen.
Denken Sie an das, was Sie bereits erreicht haben, nicht an mögliche Fehler.
- Frances Hoferichter, Diana Raufelder (Kohlhammer Verlag, 2017): Prüfungsangst und Stress Ursachen, Wirkung Und Hilfe
- Helga Knigge-Illner (Campus Verlag, 2017): Prüfungsangst besiegen. Wie Sie Herausforderungen souverän meistern
- Werner Metzig, Martin Schuster (Springer, 2006): Prüfungsangst und Lampenfieber
- Siebke Melfsen, Susanne Walitza (Beltz, 2013): Soziale Ängste und Schulangst Entwicklungsrisiken erkennen und behandeln
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